
“Vor 80 Jahren stand ich auf der Todesliste“. Das waren die ersten Worte von Eva Weyl, einer der Überlebenden des niederländischen Konzentrationslager Westerbork. Ihr Urgroßvater stammte aus Haltern am See. Das allein reichte schon, um die Ohren nicht nur anzuspitzen als Ruhrpottologe, sondern sich auf den Vortrag einzulassen, der unter die Haut geht, zumal ich gerade zu dem Zeitpunkt Auschwitz besucht habe. Und darüber ebenfalls noch berichten werde mit meiner Frau zusammen. Aber wir brauchten den Abstand, um es zu verarbeiten.

Eva Weyl feiert jedes Jahr ihre Befreiung durch kanadische Soldaten am 12.4. Westerbork ist jedoch in der Presse nicht so ein großes Thema zum Jahrestag der Befreiung von den Konzentrationslagern im Gegensatz zu Auschwitz am 27.1.1945. Auschwitz ist jährlich mit seinen Schrecknissen immer präsent auf allen Kanälen. Doch Westerbork sollte ebenfalls mehr Aufmerksamkeit bekommen. Von hier ging eine direkte Zugverbindung ins Vernichtungslager nach Osten. Hier ließen die Nazis die Insassen in einer Scheinwelt leben. Aber das KZ Westerbork war eine Art „Mastanstalt“, ein „Durchgangslager“ mit direkter Schiene nach Auschwitz, wo die Menschen dann entweder bis zum Tod als Arbeitskraft eingesetzt oder direkt in die „Vergasung“ geschickt wurden.
Es ist kaum vorstellbar, dass ein Lokführer kam. Nachts die von einer Karteikarte ausgewählten 1500 Menschen mit nach Auschwitz nahm und nach einer Woche wieder leer zurückfuhr, um die Waggons, wie bei einem normalen „Viehtransport“ wieder zu füllen. Eine abartige Vorstellung, die sich mir beim Schreiben vollzieht. Diese Geschichte ist aber passiert. Sie wird erzählt von der nun 90 Jahre alten Eva Weyl bei einem Vortrag mit Frage und Antwort-Runde in der Aula des Willy-Brandt-Gesamtschule von Bottrop. Sie hat einen Teil ihrer Kindheit dort in Westerbork hinter Stacheldraht verbringen müssen.
Lehrer Thomas Wanschura, den ich auch bei einer Bildungsreise mit einer Klasse nach Ypern (Thema 1. Weltkrieg, in Verarbeitung) begleitet habe, lud mich herzlich ein zu kommen. Das habe ich sofort getan damals im September 2023. Vielen Dank für die Einladung auf diesem Wege noch einmal! Mit dem Blog bin ich nun auch Zweitzeuge und kann darüber berichten.

Doch ich habe bewusst bis zum 80. Jahrestag mit der Veröffentlichung gewartet. Hätte ich das nicht tun sollen? Es ist in der Zwischenzeit viel passiert: Stichtag 7.10.23 Terroristischer Anschlag der Hamas auf Israel. Israel greift Gaza an. Die Ukraine kommt nicht zur Ruhe. Putin begeht bewußt einen Angriffskrieg ein, lässt Kinder entführen, um sie umzuerziehen. Raketen und Drohnen töten jeden Tag Zivilisten in der Ukraine. Es wird bewußt ein Genozid verursacht. In Bosnien ist die Situation auch wieder etwas unsicher. Die Befreiung eines Konzentrationslagers im bosnischen Krieg in Sebrenica jährt sich dieses Jahr auch zum 30. Mal. Die Schrecken des Bösen wiederholt sich in gewisser Form immer wieder nach der Befreiung der Nazis 1945 von den Alliierten. Was kaum vorstellbar war hat noch einmal eine „aktualisierte“ Form angenommen mit Populismus, Hetze, Hass und Gewalt.
Dieser Beitrag aus meinem Projekt Stolpersteine im Blog ist also wichtiger denn je. Zumal im Ruhrgebiet viele Zwangsarbeiter-Außenlager zum Beispiel aus Buchenwald waren, die zum Beispiel im Bochumer Verein arbeiten mussten. Bis heute gibt es noch viele Spuren, wie in Bochum-Bergen, dem kleinsten Stadtteil, wo ich eine Zeitlang gewohnt habe. Einem Zwangsarbeiterlager, das erst heute eine Aufarbeitung bekommt.
Als ich kurz nach dem Vortrag im Oktober 2023 als Dialektcoach in Potsdam-Neubabelsberg unweit meines Hotels zufällig über einen Stolperstein über eine Jüdin namens Margarete Stern wahrlich stolperte, die nach Westerbork kam und dann von dort nach Theresienstadt deportiert wurde, um dort zu sterben, war mir klar, dass es ein Beitrag ist, der den Rahmen der Grenze vom Ruhrgebiet sprengte. Aber er gehört zum Ruhrgebiet , wie ThyssenKrupp zu Essen mit all den Geschichten drumherum. Deswegen sind die zwölf Jahre der Nationalsozialistischen Herrschaft unter Adolf Hitler immer noch ein Novum und wir sollten daraus lernen, dass es sich nicht wiederholt. Und ja, auch hier im vielfältigen Ruhrgebiet regierten die Nazis. Und ja, auch hier ist bei der letzten Bundestagswahl ein Rechtsruck durch die Gesellschaft gegangen. Es ist wichtig, dass wir daran immer wieder erinnern, egal wann! Wir sind nicht verantwortlich dafür, was geschehen ist, doch wir haben die Verantwortung, das es sich nicht wiederholt – Egal wo! Schaut in den Vortrag oder hört also selbst hinein in den Podcast oder lest den Beitrag zu Ende mit einem Kommentar zur Situation von mir :

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Frage- und Antwort-Runde Teil 2:

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Eva Weyl kam mit sechs Jahren in das einzige Konzentrationslager der Niederlande in Westerbork, das ursprünglich das Durchgangslager für Flüchtlinge aus Deutschland war, die ins Exil ins „neutrale“ Holland gegangen sind. Doch dann wurden die Niederlande von der Deutschen Wehrmacht überfallen. Und auch da begann die Verfolgung der Juden, Sinti, Roma, Homosexuellen, politisch anders gesinnten Personen. Auch in den Niederlanden gab es Kollaboration neben dem Widerstand, wie in allen von Deutschen besetzten Gebieten.

In Westerbork wurde eine Scheinwelt aufgebaut. Dort konnte man in ein Krankenhaus gehen, um gesund zu werden, um allerdings kurz danach in einen Zug nach Osten „verfrachtet“ zu werden, wo wir von den Schicksalen wissen, dass die meisten nach Auschwitz gingen, als die Endlösung der Juden 1942 in Wannsee beschlossen wurde.
Insgesamt gingen 107000 Menschen von Woche zu Woche in den Zug, heimlich, nachts, wie in einer Lotterie ausgewählt aus einer Kartei herausgezogen. In Westerbork wurden hauptsächlich Juden gehalten, die dort ihre Religion frei ausüben konnten, gearbeitet haben und konnten auch sich selbst essen kochen. Sie lebten „nicht schlecht“, aber hatten keine Rechte, keine Freiheit, denn sie lebten hinter Stacheldraht und konnten jeden Tag mit einer „Abschiebung“ Richtung Osten rechnen.
Nur 5% der 107000 deportierten Menschen aus Westerbork überlebten den Holocaust. Eva lebte mit ihren Eltern drei Jahre lang ein fast ganz normales Leben. Sie ging zur Schule. Doch nachts hörte sie weinende Menschen, die abgeholt wurden. Menschen, die sich in Sicherheit wiegten, wurden aus dieser Scheinwelt in die Wirklichkeit geholt.
Die Gerüchte waren da, das im Osten Juden umgebracht wurden. Doch hier glaubten es die wenigsten. Unterschrieben hat Albert Konrad Gemmeker die Abtransporte als Lagerleiter. Er hat alles wunderbar ohne Folterungen und Drangsalierungen gelöst im Gegensatz zum Alkoholexzessen neigenden Vorgänger Josef Hugo Dischner. Er verteilte Zuckerbrot, Arbeit, ließ jüdische Ärzte und Schauspieler, Musiker ihre Tätigkeiten ausführen. Nutzte die Arbeitskraft für den Krieg, der im Hintergrund ablief. Nutzte die psychische Ausnutzung der jüdischen Insassen. Ohne die Mutter, die Eva Lügen erzählte, damit sie als Kind keine Angst haben brauchte, würde sie eher Alpträume haben. Sie brauchte Jahrzehnte, bis auch ihr Vater mitteilte, nachdem er von einer Klever Schule zu einem Vortrag eingeladen wurde und sie ihn begleiten sollte, um darüber zu erzählen, damit das nicht wieder passiert.

Westerbork ist sozusagen ein gutes harmloses Muster für ein Konzentrationslager für die Nazis. Im Westen sollte es wohl eher so aussehen, da im Osten so oder so alle Juden vernichtet werden sollten laut „Endlösung“ der Wannsee-Konferenz. Es hat in der deutschen Presse eher eine Randerscheinung der Erwähnung, weil dort keine Todesfabrik, wie in Auschwitz war. Nein, dass nicht, aber es war das Durchgangslager, ein Durchgangslager des Todes mit einer direkten Bahnstrecke eben.
Gemmeker konnte die Unterlagen vor der Ankunft der Aliierten in Ruhe vernichten. Als die Kanadier das Lager vor 80 Jahren am 12.4.1945 von den Nazis befreiten, war er über alle Berge. Als er gefasst wurde, bekam er 10 Jahre Gefängnis, keine Todesstrafe, weil ihm nichts groß nachzuweisen war. Er hatte nach dem Krieg in einem Tabakladen gearbeitet ganz unbescholten. Mehrere Versuche ihn neu anzuklagen scheiterten mangels Beweise trotz der Augenzeugen. Er hatte bewußt Menschen in die Waggons setzen lassen mit dem direkten Bahnanschluss in das Vernichtungslager nach Auschwitz. Er teilte nur lapidar vor Gericht mit, dass er von den Vernichtungslagern keine Ahnung hatte. Wie so viele, wußte er ja von nichts…
Hinterher hat es plötzlich ja keiner gewusst. Daraus resultiert Evas Grundgedanke: Aufklärung!
Sie will als Zeitzeugin aufklären, um die Zuhörenden oder Zuschauern zu Zweitzeugen zu machen, dass sie weitererzählen, welche ungeheuerlichen Sachen alle in den Lagern mitmachen mussten, um am Ende nur eines zu erwarten: Tod.
Vier Mal war sie und ihre Eltern dem Tod entronnen. Sie standen jeweils auf der Liste in den Zug zu steigen und es durch Zufall oder Glück, wie man es auch nennen mag, nicht zu der Fahrt gekommen.
Weil ich Jüdin bin?
Sie will mit ihren Vorträgen aufmerksam machen, wozu Hass, Neid, Intoleranz und Respektlosigkeit führen können. Und sie hofft, dass sie mithelfen kann, dass die Zuhörer und Zuhörerinnen ihre Geschichte und die der Ermordeten des Holocaust lebendig erhalten. Es weitererzählen werden. Sei macht alle zu Zweitzeugen, so wie mich nun auch.
Leben in Kleve
Die Eltern Evas waren nicht arm. Sie konnten sich ein gutes Leben leisten für die Verhältnisse der 1930er Jahre. Doch sie hatten ein Problem. Sie waren eine jüdische Familie. Nach den Rassengesetzen von 1935 unter der NSDAP war das keine gute Sache in Deutschland zu bleiben. Das Kaufhaus Weyl wurde enteignet. So gingen sie in die Niederlande. Niemand rechnete mit einem Angriff oder einen Krieg überhaupt. Die Niederlande waren im ersten Weltkrieg auch neutral geblieben. Das würde auch diesmal so werden, dachten wahrscheinlich viele. Sie glaubten sich in Sicherheit zu leben.
Eva Weyl hatte eine schöne sorglose Kindheit in Holland bis die Deutschen kamen. Ihr Vater war Unternehmer und gründete in Arnheim ein Textilunternehmen nachdem sie aus Deutschland geflüchtet waren. Eva wurde in den Niederlanden geboren. Nicht wenige Juden sind aus Deutschland nach Holland ausgewandert. Der Urgroßvater kam von Haltern am See. Die Ur-Weyls stammen also aus dem heutigen Raum Ruhrgebiet. Und im Ruhrgebiet lebten insgesamt nicht wenige Juden. Deswegen ist es für mich auch eine Aufgabe als „Ruhrpottologe“ darüber zu berichten. Das gehört zu meinem Projekt der Erinnerungskultur in der Blog-Rubrik „Stolpersteine“.
Leben als Jude im Deutschen Reich
Der Urgroßvater war ein einfacher Kaufmann, der als Kind von Tür zu Tür Dinge verkauft hat. Dann hat er ein Geschäft gehabt, dann zwei, dann war ihm Haltern zu klein und zog nach Erkelenz. Dort heiratete er, wurde Vater von 13 Kindern. Erkelenz war ihm dann auch zu klein. So ging er nach Kleve mit seiner Familie. Dort gründete er ein großes Kaufhaus und blieben bis zum Zeitpunkt der Rassengesetze, wo dann auch das Kaufhaus einfach enteignet wurde. Die Mutter kam aus Freiburg Breisgau aus einer nichtgläubigen jüdischen Familie. Der Großvater war Vorsitzender der jüdischen Gemeinde um Kleve herum und hoch angesehen. Das Kaufhaus Weyl war das erste große Kaufhaus in der Gegend, das der Urgroßvater gegründet hatte und bis zur Enteignung erfolgreich geführt wurde.
Zum Zeitpunkt der Ergreifung der Macht der NSDAP lebten allein 500000 Juden in Deutschland. Anfangs ging es nur ums „Weg mit den Juden“. Es wurde nicht vom Ermorden gesprochen. Schon hier wurde eine Scheinwelt aufgebaut. Doch in „Mein Kampf“ steht ausdrücklich, dass die Juden ausgetilgt werden müssen. Es wurde innerhalb der NSDAP eine Ideologie, dass die Juden für alles schlechte, dass Deutschland widerfahren ist, wie der verlorene Erste Weltkrieg, die schlechte Wirtschaft, die hohe Arbeitslosigkeit, die Gründung der Demokratie in Deutschland und der Kommunismus verantwortlich sind. An allem hatten die Juden Schuld. Die Partei suchte nach einem Schuldigen, wie im Mittelalter und die Zeichen der Zeit waren in den vielen antisemistischen Schriften, die überall frei verkäuflich waren in einer Partei vereint, die es auch vor hatte durchzuführen. Alle geeint nach dem Gedankengang, dass die Juden an allem schuld sind, sollten sie aus Europa vertrieben und oder umgebracht werden, egal, ob sie ein einfacher Arbeitnehmer waren, Professor an einer Universität und zur geistigen Elite des Landes gehörten, Soldat im Ersten Weltkrieg für das Deutsche Reich waren oder eine Firma hatten und Lohn und Brot für egal welche Glaubensrichtung gegeben haben. Sie sollten weg, egal wie.
Kauft nicht bei Juden!
Und der Anfang war das Aufmalen oder ein Schild an jüdischen Geschäften und der psychische Druck durch die GESTAPO gegenüber diejenigen, die trotzdem da einkaufen gingen, selbst in ein KZ gesteckt zu werden.
Es geschah, das man keine eigene Meinung mehr haben durfte. Heute, hat man keine Ahnung mehr wie wichtig es ist in Freiheit zu leben. Die Partei redete von Freiheit und nahm sie allen. Hitler nahm allen die Freiheit. Und es grenzt an Hohn, dass es in der Welt wieder Parteien gibt, die genauso reden von Meinungsfreiheit und doch genau das Gegenteil meinen. Eva Weyl erklärt das im Vortrag und bei der Frage-Antwort Runde (Teil 2 im Podcast)
Heutige Verantwortlichkeit
Keiner der heute noch lebt, ist nicht verantwortlich für das, was passiert ist, betont Eva Weyl. Doch die heutige Generation ist verantwortlich dafür, dass sie mithelfen, damit das nicht mehr wiederkehrt, was geschehen ist. Gerade jetzt beim Widererstarken der rechten Parteien in Europa und der Welt. Die von Remigration reden und wodurch Gewalt gegenüber Ausländern alltäglicher wird.
Sie erzählt von Mobbing an der Schule gegenüber jüdischen Schüler und Schülerinnen durch die eigenen von der Parteidoktrin infiltrierten Meinung, die auch Zuhause zur Tagesordnung wurde. Der Großteil der Lehrer und Lehrerinnen machten mit, schwiegen, wiegelten auf oder grenzten aus, auch ihre eigenen jüdischen Kollegen und Kolleginnen. Man mag es sich kaum vorstellen, wie es heute sein könnte.
Eva erzählt eine ergreifende wahre Geschichte, die einen Klos im Hals bildete: Ein jüdisches Mädchen wurde von zwei anderen Mädchen gehänselt. Sie sprangen ihren Leib. Die Lehrerin unterstützte das mit einer bestialischen Aussage. Sie wollte sehen, wo die richtigen deutschen Mädchen waren. Alle sprangen auf sie drauf, bis sie starb. Dabei hatten sie sie alle gern.
Sie erzählt von ihren Großvätern, die beide im Ersten Weltkrieg gedient haben. Das war erstmal eine Art vorübergehende Gnade, aber kein Freifahrtschein nicht umgebracht zu werden im Holocaust. Der industrielle Völkermord, der durch die Nationalsozialisten durchgeführt wurde, ist bisher einmalig in der Form. Und er wurde durch den Krieg europaweit so richtig ausgeführt.
Evas Vater gründete ein Textilgeschäft in Arnheim. Als die Großeltern, die trotz aller Widrigkeiten in Deutschland blieben dann doch in die Niederlande flüchteten nach der Reichsprogromnacht. Beide Großväter kamen dann nach der Eroberung der Niederlande nun doch in ein KZ nach Theresienstadt. Sie überlebten zwar das Lager, aber einer starb kurz danach an den Folgen. Der andere ging erst nach England, ging aber zurück nach Deutschland. Der Vater der Mutter von Eva wurde widerwillig besucht. Die Mutter wollte nie mehr wieder einen Fuß nach Deutschland setzen. Sie fühlte sich als Deutsche, doch fühlte sich nach dem sie flüchten musste und nach Westerbork ins KZ kam als verratene Deutsche. Das Gefühl in ihr kann man kaum schriftlich verfassen. Es war verständlich und galt für viele Überlebende, die in andere Länder, wie die USA oder nach Israel gingen.
Wie lief das Leben in Westerbork ab?
Die ersten Menschen, die ins Lager gehen sollten, waren die deutschen Juden. In drei Tagen sollte man fertig sein. Man musste selber die Zugfahrkarte bezahlen. Die Aufforderung kam von der jüdischen Gemeinde auf Druck der deutschen Besatzung.
Die niederländischen Widerstandskämpfer waren schon gut vernetzt und boten auch Verstecke an. Aber der Vater dachte, dass es nicht lange geht. Doch vor mehr als 80 Jahren gab es keine Computer, kein Fernseher, kein Handy. Es gab Radios. Nachrichten in Zeitungen kamen langsam und waren nicht immer zuverlässig. Die Nachrichten waren auch immer später. Niemand hatte eine wirkliche Ahnung, was im Osten passierte. Aufklärung darüber konnte man nicht bekommen. Die Medien wurden ja von den Besetzern beherrscht. Die Öffentlichkeit wurde nirgends über „Vernichtungslager“ in Auschwitz aufgeklärt. Diejenigen, die von den Gerüchten hörten, die wie ein Lauffeuer irgendwie dann doch hier und da auftauchten, glaubten oder glaubten es nicht. Die Kinder jedoch wurden von den Eltern geschützt. Ihnen wurde dergleichen nichts erzählt. Evas Mutter sagte immer, dass sie keine Angst haben soll. Bald wird wieder alles gut sein.
Endlösung
Doch im Januar 1942 wurde über die „Endlösung der Judenfrage“ bei der sogenannten Wannseekonferenz unter den Fittichen von Reinhard Heydrich entschieden. Acht von den 15 anwesenden Herren hatten einen Doktortitel und auch selbst eine Familie mit Kindern. Hitler hatte in seinem eroberten Reich 11 Mio. Juden. Allein in Polen lebten 3 Mio. Juden. Sie planten am Schreibtisch den Ablauf alle europäischen Juden umzubringen.

Um das zu verstehen, was dort am Schreibtisch entschieden wurde, sollte vor Ort die Ausstellung angesehen werden oder die ein oder andere Verfilmung bzw. Dokumentation gesehen werden. Es geht um die Auslöschung allen jüdischen Lebens in Europa. Und das betonte Eva Weyl. Ich konnte nicht sehen, was in ihr vorging, als sie es mitteilte. Aber in der Stimme war ein leichtes Schwanken zu hören. Aufgeregtheit und Wut, Ungläubigkeit und auch Hass auf diejenigen, die es taten. Die Mordfabriken waren schon längst damals in Gang gekommen. Die Juden selbst konnten es nicht glauben, wenn sie davon hörten.
In Westerbork indes ging das Leben scheinbar unter den Bedingungen Gemmekers „normal“ weiter. Bis 13 ging man in die Schule. Alle älteren Kinder arbeiteten. Die Menschen hatten dort sogar normale Kleidung an, keine Sträflingskleidung wie in Auschwitz oder Buchenwald. Alle arbeiteten im Lager, das eine Größe hatte von fünf Fußballfeldern. Das Maximum der im Ghettohaften Konzentrationslager betrug 17000 Juden, anfangs waren es wenige 1000. Das hieß natürlich, dass der „Durchgang“ nach Auschwitz auch schneller wurde.
Das Leben in Westerbork
Es gab zwei Schulen. Eine deutsche und eine niederländische Schule. Es gab sogar einen Spielplatz für die Kinder. Eva Weyl kann sich ganz genau dran erinnern, wie es dort ablief.
Als in der Schulaula einige grinsten oder lachten, weil sie lieber mit dem Smartphone spielten als zuzuhören, fand sie es nicht lustig und sie zeigte kein Verständnis für das Verhalten, was ich ebenfalls so sah. Eva erzählte über die Baracke, wo sie leben musste. Die Mutter sagte, dass sie bald wieder weg sind. Getrennt vom Vater, hatte sie auf einem schmalen eisernen Gestell geschlafen. Auch das Essen wurde auf dem Bett eingenommen, was auch schon mal zu Verschmutzungen führte. In der Baracke gab es bei den vielen Menschen kein Privatleben. Es gab auch keine Leiter. Nachts wurde sie schon mal wach, wenn von oben jemand runterstieg, um zur Toilette zu kommen. Wäsche trocknete man zwischen den Betten.
Die Deportationen
Im Juni 1942 fingen die Deportationen an. Es arbeiteten nur Juden im Lager. 1500 Namen wurden zur Deportation wöchentlich herausgenommen. Am ersten Arbeitstag eines Freundes des Vaters standen ihre Namen auf der Karteikarte zum Abtransport. Er legte sie vorsichtig weg. Das war das erste Mal, dass sie gerettet wurden.
Pro Baracke wurde eine Liste geschrieben. Nachts wurden die Namen der Liste vorgelesen. Die ausgewählten Frauen weinten. Jede Woche war das gleiche Prozedere. Die Mutter erzählte Lügen über die wöchentlichen Abtransporte. Eva sollte sich keine Sorgen machen, es sei nichts, da haben sie nur eine Frau abgeführt die gestohlen hat. Sie ließ sich immer was neues einfallen, um ihre Tochter die Angst zu nehmen.
SS-Obersturmführer Albert Konrad Gemmeker kam im Oktober. Er war im gleichen Alter, wie ihre Eltern, Mitte 30. Es war für mich schleierhaft, wie die gleiche Generation der anderen Böses antun kann. Er war einer der ersten Parteiangerhörigen und hatte Erfahrungen mit einem Konzentrationslager. Alles sollte reibungslos ohne Aufwiegelungen ablaufen können. Er war der Lächler, der immer ein Messer im Rücken stach. Das war das Gefährliche an ihm.
Er war verantwortlich, damit Ordnung, Ruhe und die Deportationen ohne Probleme laufen. Er schuf ein besonderes System von falschen Hoffnungen. Ein „Gentlemen Gauner“ betitelte Eva ihn. Er war sogar dafür belohnt worden mit einem Kriegsverdienstkreuz, wie er 107000 Menschen erfolgreich deportiert wurde. Für 80000 Tote ist er verantwortlich, wurde dafür aber nie zur Rechenschaft gezogen, wie schon gesagt, mangels Beweise, die er vernichtete als die Kanadier vor der Tür standen.


Trauriges Beispiel ist der Stolperstein von Margarete Stern (Quelle: Wikipedia)
Am 19.5.2022 wurde der Stolperstein vor ihrer einstigen Villa Stern der Karl-Marx-Straße 3 in Potsdam – Babeslberg verlegt. Margarete Stern war eine Tochter eines königlichen Sanitätsrats: Dr. med.Theodor Lippmann (1843–1914).
Am 17. November 1898 heiratete sie Siegbert Samuel Stern. Beide waren jüdischen Glaubens. Stern war Kaufmann und Mitinhaber einer Damenmäntelfabrik der Graumann & Stern in der Mohrenstrasse 36, Berlin.
Er war reich durch die Fabrik und sammelte Kunstwerke. Beide hatten vier Kinder und wohnten in der noch heute von den Sterns gebauten stehenden „Villa Stern“ ab 1918 direkt am Griebnitzsee in der Villenkolonie Neubabelsberg bei Potsdam in der Karl-Marx-Straße 3. Beim Bau hieß sie damals Kaiserstraße.
Als Siegbert Stern 1935 starb waren 144 Kunstwerke im Testament eingetragen. Margarete Stern flüchtete 1937 nach Badenweiler. Doch die antijüdischen Repressalien nahmen zu, so ging sie 1938 über die Schweiz nach Amsterdam fort. Dort waren schon die Familien ihrer Tochter Annie Regina Vigeveno, sowie ihres Schwagers Albert Stern.
Am 3. Dezember 1938 wurde durch die Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens den Juden jegliche wirtschaftliche Grundlage für das Leben in Deutschland entzogen. Sie mussten ihre Besitztümer, wie Grundstücke oder Gewerbebetriebe meist für einen geringen Wert verkaufen. Damit konnten sie eventuell noch rechtzeitig fliehen in Nachbarländer, wie in die Niederlande oder die Schweiz.
Margarete Stern musste auch die Villa Stern verkaufen. Der Verkaufserlös löste nur die Hypothek ab. So dass sie im November 1940 nur schuldenfrei war, aber nichts weiter merh hatte.
Als die Deutsche Wehrmacht im Mai 1940 die Niederlande besetzte, versuchte sie für sich und ihre Familienmitglieder ein Ausreisevisum zu erhalten bei der Dienststelle Mühlmann.
Sie übergab das Gemälde Porträt von Miss Edith Crowe des Künstlers Henri Fantin-Latour der Requirirungsverwaltung für Kunstgegenstände für 40.000 Gulden . Sie erhielt trotzdem kein Ausreisevisa und wurde 1941 als staatenlos erklärt.
Sie konnte sich zwei Jahre lang verstecken, wurde aber dennoch im April 1943 festgenommen, kam in das KZ Westerbork und wurde von dort in den Zug in das KZ Auschwitz deportiert. Dort wurde sie am 22. Mai 1944 ermordet, genauso wie die ihre 1909 geborene Tochter Louise Henriette, ihr Ehemann Herbert Emil Leopold Hayn. Deren Tochter konnte den Krieg überstehen in einem Versteck in Amsterdam. Die anderen Kinder von Margarete Stern-Lippmann haben auch überleben können.
Johanna Margarete Stern ist in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und im Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 aufgenommen worden. Ebenso ist sie in der niederländischen Opfer-Datenbank Nationale Database Vervolgingsslachtoffers (NDVS) enthalten.
In Bussum liegt ebenfalls ein Stolperstein für sie.
Von den 144 ursprünglich besessenen Kunstwerken sind 100 bis heute immer noch nicht zurück in den Besitz der Familie gekommen. Ein Wassily Kandinsky -Bild „Murnau mit Kirche II“ wurde in einem Eindhovener Museum gefunden und 2022 zurück gegeben. Die Villa konnte die Familie 1949 schon zurück bekommen. Die Gemälde gehören zur Raubkunst, den die Nazis gern gemacht haben.

Sind die Kinder eines Mörders schlecht?
Eva fragt die Jugendlichen, ob für die Taten auch die Kinder und Enkelkinder, so wie das zuhörende Publikum nun auch schlecht sind und für die Taten der Eltern, Groß- oder und Urgroßeltern waren. Einfache Antwort: Nein!
Historiker hatten Schwierigkeiten Gemmeker zu beschreiben. Es gab in Europa 40000 Lager inklusive Ghettos. Eine Anzahl, die ich selbst auch zum ersten Mal hörte und nicht glauben konnte. Denn da mussten Menschen hin, um zu bewachen, zu töten, zu foltern und zu drangsalieren. Menschen, die daran auch noch Spaß hatten, das zu tun. Die es bewußt taten, um Hitler und die Parteiideologie auszuführen, weil sie glaubten, das Richtige zu tun.
Dieser Gemmeker wird gedacht haben: Gebe ihnen Arbeit, zu essen, schaffe Ablenkung, dann bleiben sie ruhig. Er hat die Juden in Westerbork, wie in einem riesigen Kaninchenkäfig gehalten.
Er hat sie gemästet mit drei Mahlzeiten am Tag. Es gab sogar Butter mit Marmelade jeden Morgen. Schwere Arbeit wurde mit einer Suppe, Kartoffeln und Gemüse belohnt. Es gab sogar manchmal auch Fleisch. Auch Briefe konnten ausgetauscht werden. Die Kinder gingen zur Schule, lernten und konnten anschließend spielen gehen. Es schein alles ein normales Leben zu sein dort in Westerbork mit Stacheldraht drumherum.
Von Montag bis Samstag wurde gearbeitet, die Schule besucht. Am Sonntag gab es sogar einen freien Tag. Vor Ort wurden zum Beispiel Handschuhe für die Armee hergestellt. Insgeheim hatte Gemmeker nur Angst in den Krieg in den Osten geschickt zu werden. Er tat also alles, damit seine Arbeit nach Außen vernünftig aussah und belobigt wurde. Er ließ auch ein Krankenhaus bauen, damit die Arbeitskräfte gesund werden konnte.
Es gab unter ihm keine Folterungen mehr, wie beim Vorgänger. Hat jemand was verbrochen, kam diese Person in den nächsten Zug und nicht mehr wieder. Die Hände hat sich Gemmeker nur am Schreibtisch schmutzig gemacht.
Eva erzählte von einem Journalisten, der ins dortige Krankenhaus kam. Nach seiner Genesung kam er zur Deportation. Sein Tagebuch wurde zufälligerweise wiedergefunden. Darin beschrieb er, dass er dort gut behandelt wurde und er den Gerüchten aus dem Osten keinen Glauben schenken konnte. Er glaubte nicht an die Massentötungen, bis er wohl selbst dort landete. Er wurde nie mehr gesehen.
Der Lagerleiter lebte wie ein König. Er hatte seine Sekretärin als Liebhaberin neben seiner in Düsseldorf lebenden Familie. Er lud „Arbeitskollegen“ ein, um zu zeigen, welche tolle Arbeit er leistete. Es gab Musikvorstellungen von jüdischen Musikern und Theatervorstellungen von jüdischen Schauspieler und Schauspielerinnen. Er lebte glücklich bis an sein Lebensende 1982 ohne jemals eine richtige Strafe verbüßt zu haben. Ein Schlächter am Schreibtisch, wie so viele.
Ein Tagesablauf in Westerbork
Evas Schule begann um 9 Uhr. Zwischen 12 und 14 Uhr gab es eine Pause. Und dann nochmal zwei Stunden pauken, bevor es wieder zurück in die Baracke gehen konnte. Ihre Eltern standen um 6.30 Uhr auf. Ab 7.30 Uhr wurde gearbeitet mit einer Stunde Mittagspause. Es gab also ganz normale Schul- und Arbeitszeiten.
Wenn Evas Mutter sie nicht belogen hätte, hätte sie heute mehr Alpträume über einen Zug nach Auschwitz, in dem sie sitzen würde. Doch an so manchen Tagen nach den Vorträgen kommt das doch hoch diese Todesangst, die ganz tief sitzt, aber klein gehalten wurde, dank ihrer Mutter.
25 Tränen
Eine niederländischen Jüdin einer Klasse von 26 Schülerinnen schrieb ein Gedichtband „25 Tränen“. Sie war die einzige Überlebende und widmete jeden einzelnen von ihnen ein Gedicht. Eins trug Eva vor:
Sie hatte die Note Ungenügend für Erdkunde.
Den letzten Schultag.
Wußte aber nach einer Woche, wo Auschwitz lag.
Aber nur ganz kurz.
Das lässt einen ohne Worte zurück. Alle im Saal wußten, was mit dem Gedicht ausgedrückt wird.
Das Krankenhaus
Eva erzählt von einem kranken Baby, das Gesundwerden und dem Abtransport der ganzen Familie danach in den Osten.
Scheinwelt
Ihr Vater bekam eine Stelle in der Administration. Unglaublich ist das, dass man in dieser Scheinwelt lebte. Es gab kein anderes Lager, dass so funktionierte. Die besten Schauspieler aus Berlin spielten Theater. Der Lagerleiter lud sogar Kollegen ein und saß in der ersten Reihe.
Die Alliierten hatten jede Nacht Fabriken zerstören wollen. Die Bomber wurden begleitet von Jagdfliegern. Die dachten es wäre eine wichtige deutsche Fabrik und warfen auf Westerbork Bomben ab am 31.5.1944. Der Zug ist damals konnte nicht nach Auschwitz fahren. Doch insgesamt sind 102000 sind nicht mehr zurück gekommen nach Westerbork.
Nachdem die Kanadier am 12.4.1945 das Konzentrationslager befreiten, konnte die ganze Familie Ende Juni endlich fort und ein neues Leben beginnen. Ein zweites Leben begann und die Zeit heilte nicht alle Wunden, die der Aufenthalt mitbrachte.
Hoffnung und Optimismus für die Zukunft
Eva hofft nach dem Vortrag, dass die Schüler und Schülerinnen nun als Zweitzeugen dafür sorgen, dass sie in Zukunft das verhindern, was passiert ist. Das sich das nicht wiederholt. Und lud zu einer Frage- und Antwort-Runde ein. In dem sie auch die schwierigen Fragen beantworteten. Am Ende fragte einer, ob Juden ein Volk oder eine Religion sei. Für Eva sind die Juden eben ein Volk, wie die Deutschen. Die Juden glauben unterschiedlich im Judentum: Ultra-Orthodox ist ihr zum Beispiel ein Graus, weil es nicht wesentlich anders ist. Es ist eine rechtsgerichtete Variante innerhalb der Juden, die auch Hass verbreiten und nun auch im Krieg ohne Pardon gegenüber die Palästinenser vorgehen. Eva verurteilt das.
Nach dem Vortrag in der Frage-Antwort – Runde wurde die Frage gestellt, wann sie angefangen hat diese Vorträge zu halten und wie die Zusammenarbeit mit der Enkelin von Gemmeker zustande kam. Eva erzählte es bereitwillig. Und erzählte, dass sie aus Neukirchen-Vluyn stammte, also im Kreis Wesel wohnte. Doch das alles war noch nicht so schnell gekommen. Bis dahin hatte Eva gar nicht daran gedacht Vorträge zu halten. Der erste Schritt war eine Anfrage des vom Stein-Gymnasium in Kleve, der ihren Vater als Sprecher gewinnen wollte für den Holocaust-Gedenktag am 27.1996. Sie begleitete damals ihren Vater. Dort sagte er danach, dass sie darüber jetzt immer reden müssen. Sie haben also alle lange gebraucht, alles verdrängen wollen und geschwiegen.
Eva Weyl jedoch fing erst an mit Vorträgen nachdem von Westerbork ein Brief kam und ein Sprecher gesucht wurde über das Konzentrationslager zu reden. Sie entschied sich für deutsche Schulen die Vorträge zu halten. Mittlerweile ist ihre Mission 50 bis 60 Vorträge im Jahr.
Mit der Enkelin des Lagerleiters hat sie drei Jahre lang viele Vorträge gehalten. Sie machte ihr und der Mutter bzw. Tochter von Gemmeker keine Vorwürfe. Sie waren nicht für das Tun ihres Vaters bzw. Großvaters verantwortlich und auch nicht schuldig in ihren Augen. Mittlerweile lebt sie in der Schweiz und hat dafür keine Zeit mehr. Eva allerdings nimmt sich alle Zeit, die sie noch hat, um auf das aufmerksam zu machen, was war, damit es sich nicht wiederholt. Sie betont, dass die Jugend von heute es in der Hand hat, sich vernünftig zu informieren und entsprechend dann, wenn sie wählen dürfen auch ihre Kreuz demokratisch an die richtige Stelle setzen können.
Sie merkte an, dass keine Fragen zum Thema Israel kam. Sie war jahrelang stolz auf das sozialistische demokratische Land. Seit mehreren Jahren sind die Orthodoxen an der Macht. Sie betont, dass Macht und Religion es auch in Israel zu einer schlechten Wendung kommt. Sie hatte mit dieser hellseherischen Aussage völlig recht. Denn wir sehen, wie es heute in Gaza und in Israel aussieht. Ein politisch gespaltenes Land mit Toten auf beiden Seiten. Die Podcast-Aufnahme fand am 27.9., also vor dem 7.10.2023 statt. Die Fragen wären mit Sicherheit gekommen und die Runde anders verlaufen, zumal auch muslimische Jugendliche anwesend waren.
Eva Weyl hat ein Ziel
Sie ist Zeitzeugin. Die Zuhörenden sollen Zweitzeugen werden. Die Überlebenden haben nicht mehr lange Zeit ihre Erfahrungen zu teilen und vor dem neuen Aufkommen des Faschismus zu warnen. Für sie sind Macht und Religion die Ursachen von Kriegen und Auseinandersetzungen zwischen den Menschen. Die Jugendlichen sollen schon am Tag nach dem Vortrag beginnen davon zu erzählen. Ich persönlich habe damit gewartet auf den 80. Jahrestag mit der Veröffentlichung. Ich hätte nicht warten sollen. Aber es hätte auch nicht verhindert, dass in der Zwischenzeit in Israel von der Hamas einer der brutalsten terroristischen Anschläge verübt wurde gegenüber dem israelischen Volk. Die Regierung Netanjahus hat ohne mit der Wimper zu zucken vehement Gaza so gut wie platt gewalzt, was wiederum in keinem Verhältnis steht. Gibt es denn ein Verhältnis, wenn man zählt, wieviele der Krieg mit der Militärmacht Israel nun verursacht hat.
Eva Weyl hat hier auch Recht: Macht und Religion spielen hier eine große Rolle. Statt sich die Hand zu geben. Friedensverhandlungen. Wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen, wir weiter Hass gesät auf beiden Seiten. Aus der Ferne kann man das auch kaum beurteilen, was richtig und was falsch ist ohne die Befindlichkeiten der dort lebenden Personen zu verstehen. Aber als Außenstehender sieht man die Welt immer mit anderen Augen und vielleicht wäre es auch mal gut, sich hinzusetzen und zuzuhören, gemeinsam nach Frieden zu schauen. Gemeinsam für eine friedliche Lösung zu suchen, um für Juden und Palästinenser endlich vor Ort in Israel und Palästina Ruhe einkehren zu lassen, gemeinsam essen zu gehen, Feste zu feiern, sich auszutauschen. Das alles geht, wenn die Politik es will. Das ist leider noch ein langer Weg.
Meine Gedanken zur aktuellen Situation
Hätte ich früher veröffentlicht, hätte es trotzdem wahrscheinlich nicht weniger Menschen gegeben, die hier die AfD gewählt haben, weil sie unzufrieden sind. Weil sie meinen, wir können es nicht schaffen, was Angela Merkel so einfach vor zehn Jahren den Deutschen mitteilte. Ja, es gibt Hürden. Ja, es ist nicht so einfach. Es gibt bürokratische Hürden, die nicht vereinfacht gemacht wurden. Die Kontrollen gab es nicht. Ja, alles schwierige Kisten in der Diskussion. Aber es gibt das Wort Remigration, dass sich durchsetzt und den Menschen, die schon lange in Deutschland hier leben und arbeiten plötzlich in Angst und Schrecken versetzt. Es gibt nur einen geringen Anteil an Verbrechern. Sie können ausgewiesen werden oder ins Gefängnis kommen, nach deutschem Recht. Menschen, die zu uns kommen nach Europa, müssen sich den geltendem Recht und Gesetz unterordnen, wie wir es umgekehrt auch als Touristen machen müssen oder wenn wir in das jeweilige Land auswandern.
Das Ruhrgebiet lebt seit über 150 Jahren nun von Einwanderung. Und es lebt immer noch. Aber hier kommen mehr und mehr rechte Gedanken auf, die schwer wieder aus den Köpfen zu hämmern sind. Diskussionen sind meist schwierig mit ihnen. Es ist wie mit einem Brett vor dem Kopf sprechen. Und deswegen hoffe ich, dass ich mit dieser Entscheidung nun dies veröffentlicht zu haben, vielleicht den ein oder anderen bekehrt zu haben, oder jemanden erreicht zu haben, der das alles noch einmal anders überdenkt. Weil am Ende der Hass in Mord und Totschlag enden kann und wir das alles nicht noch einmal erleben sollten. Denn auch wenn viele es nicht glauben, wie schnell es 1933 geht. Ich empfehle den Podcast Deutschland 33/45 des Bochumer Historikers Dr. Jonas Stephan. Dahin gehen heutige Parteien, die meinen Demokratisch zu sein, jedoch gern in die Funktionen wollen, um ihre Propaganda auszuführen, die zwischen den Parteiprogrammzeilen zu lesen sind und die Verfassung nach ihren Gedanken ändern zu wollen.
Wir dürfen nicht vergessen, dass vor genau 30 Jahren in Bosnien-Herzegowina gerade Srebrenica der erschreckende Zeitpunkt ist, dass es zwischendurch eben doch einen Holocaust gab. Dort ist das europäische politische „Rassen“- und Religionsgehabe damals in einen hässlichen drei Jahre andauernden Krieg gemündet, dessen Spuren immer noch zu sehen sind und die auch immer noch nicht ganz verheilt sind. Das konnte ich selbst vor knapp einem Jahr sehen. Darüber berichte ich auch noch, weil wir im Ruhrgebiet eben auch viele Flüchtlinge aus Bosnien haben.
Eva Weyl macht es, wie viele andere Holocaustüberlebende, richtig. Sie setzt sich für Frieden, Freiheit und ihrem Wohlstand ein mit ihren Vorträgen. Sie hatte beim vierten Mal Glück nicht mehr in den Zug steigen zu müssen, weil die Kanadier gekommen sind.
Ich möchte nicht, dass es irgendjemanden gibt, der uns befreien muss heute. Ich möchte, dass wir ihr zuhören, dass wir es verhindern und das wir optimistisch nach vorne schauen für unsere Kinder und Enkelkinder, in und über das Ruhrgebiet hinaus. Denn der Mensch ist Vielfalt und kann auch gemeinsam in Frieden leben, wenn es keinen gibt, der Hass, Neid und Machtgehabe versprüht.
Ob sich Massenermordungen wiederholen, glaubt sie nicht, aber Srebrenica war erst kürzlich, wie schon erwähnt, so ein Punkt. Und es kann noch einmal passieren. Vielleicht nicht in diesem systematischen Ausmaß, vielleicht anders, wie in die Umerziehung der Uiguren in China ohne (angeblich) zu morden oder ukrainischen Kindern, denen man einbläut nun Russe zu sein und das die Ukraine böse ist und alle Nazis. Auch das ist kein Weg! Jedes Volk hat seine Selbstbestimmung zu bewahren. Alles kann doch friedlich miteinander gelöst werden solidarisch und friedlich miteinander! Wenn wir alle es nur wollen! Bildung und Aufklärung ist da ein wichtiger Punkt!
Hört also in den Podcast rein! Denkt über das Geschehene und die aktuelle Weltpolitik nach und macht, dass ihr es weitererzählt, teilt und mitteilt. Das wir den Frieden nicht nur in Europa wahren können und das Kreuz bei der nächsten Wahl an der richtigen Stelle machen, egal wie unzufrieden man ist mit den Regierenden. Hauptsache nicht Faschistisch, Nationalistisch wählen, die den Hass und die Respektlosigkeit verbreiten, wie täglich immer wieder auch im Bundestag gezeigt wird.
Stolz auf die Heimat kann jeder sein auch ohne Nationalistisch zu sein oder werden. Ich liebe meine Heimat, doch ich schaue über den Tellerrand und hoffe, dass es genug Menschen gibt, die es mir gleich tun.
Am Ende des Vortrags und der Frage-Antwort-Runde waren zwei Jugendliche bereit mir mitzuteilen, dass sie viel von Evas Erzählung mitnehmen und es weitertragen werden. Wer als Lehrer oder Lehrerin ihre Schüler und Schülerinnen auf den gleichen Weg bringen möchten, dass sie über die Dinge der dunklen Geschichte ihrer Heimat nachdenken sollen, kann sich beim Verein Zweitzeugen e.V. melden und entsprechend Termine ausmachen mit den Holocaust-Überlebenden, wie Eva Weyl. Solange sie kann, wird ihre Lebensaufgabe weiterhin sein die jungen Menschen aufzuklären über das, was sie selbst erlebt hat und was hinter der schönen Scheinwelt der demokratisch gewählten NSDAP steckte, die vor über 80 Jahren die Welt in den Abgrund riss und über 60 Mio Tote verursacht haben.
Und ganz wichtig: Teilt die Informationen, das Video oder den Podcast, die Links! Erzählt über den Vortrag von Eva Weyl. Sie fordert auf Zweitzeuge zu sein! Damit der Holocaust nie vergessen wird im Andenken an die Verstorbenen, Gestorbenen, Gefolterten, Noch – Überlebenden! Danke!
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Links:
Eva Weyl – Wikipedia
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ZWEITZEUGEN e.V.: Eva Weyl
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Viele verschiedene Videos über und mit auf Youtube:
Eva Weyl – YouTube
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Albert Konrad Gemmeker – Wikipedia
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Durchgangslager Westerbork – Wikipedia
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Category:Kamp Westerbork – Wikimedia Commons
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Um die Anfänge und die Herrschaft der Nationalsozialisten auf einfache Weise zu verstehen, empfehle ich den Podcast „Deutschland 33/45 von dem Historiker Jonas Stephan:
Deutschland 33/45 | Der Podcast über das Dritte Reich
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Informationen zum Stolperstein der Neubabelsbergerin
Johanna Margarete Stern – Wikipedia
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Wer den Stolperstein sehen und den Ort besuchen möchte:
Karl-Marx-Straße 3, Potsdam-Neubabelsberg

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